Schul- und Bethaus
Wuschewier
Inmitten des Ortes, an der mit Obstbäumen gesäumten Dorfstraße, duckt sich unter ein tief herabreichendes Rohrdach ein langgestrecktes Fachwerkhaus – das Schul- und Bethaus. Nur der angesetzte quadratische Turm deutet auf eine kirchliche Nutzung hin. Erst sieben Jahre nach der Gründung des Ortes wurde es 1764 errichtet.
Ein ungewöhnlicher Bau
Bei der Anlage der Kolonistendörfer wurde zwar der Platz für öffentliche Gebäude und Kirche vorgegeben, der Bau war aber in dieser Zeit von untergeordneter Bedeutung. Nur bei äußerster Sparsamkeit war die Errichtung von Kirchbauten erlaubt. Es waren daher oft nur turmlose Betsäle mit spartanischer Ausstattung. Wuschewier ist sicher das eindrucksvollste Beispiel an Einfachheit, Sparsamkeit und zugleich Multifunktionalität. Der Bau vereinte Betsaal, Schulzimmer, Lehrer- und Hirtenwohnung unter einem Dach und unterschied sich in keiner Weise von den umliegenden Wohnbauten. Auffallend ist nur die Traufstellung.
Um- und Ausbauten
Der einfach geriegelte Fachwerkbau mit Lehmstakenausfachung wurde durch Anbauten mehrfach erweitert. Zuerst an der Südseite zur Vergrößerung des Betsaales, 1850 an der Nordseite zur Erweiterung des Schulzimmers – man brauchte Platz für 140 Schulkinder ! -und 1855 wurde der Glockenturm angebaut. Leider wurde das Schulzimmer nach 1907, als die neben dem Turm stehende „alte“ Schule als Ziegelbau errichtet wurde, abgerissen und dabei auch ein Teil des Ursprungsbaus.
Ein Raumwunder
Heute ist das Haus etwa 24 m lang und 10,15 m breit. Von der Straße führt der Haupteingang durch einen kleinen Vorraum nach rechts in den Betsaal mit direktem Blick auf den schlichten Altar. Der Raum überrascht durch seine Größe und Weite. Die Decke wurde bis hoch in den Dachstuhl gezogen, eine umlaufende Galerie ruht auf sieben schlichten Holzsäulen.
Der Fußboden ist mit roten Ziegeln ausgelegt, die Wände sind Weiß und die Holzkonstruktion Hellgrau, die Emporenbrüst-ungen in dumpfem Rot gehalten. Vor dem Altar findet sich der Taufstein, links das einfache Predigerpult, an den Wänden Gedenktafeln für die Gefallenen von 1870/71 und den beiden Weltkriegen. Eine Tür führt zur Gartenseite.
Die ehemalige Lehrerwohnung betritt man vom Garten. Die ursprüngliche Raumeinteilung ist nicht mehr vorhanden. Man sieht jetzt das Ergebnis eines Umbaus im 19. Jahrhundert.
Wie weiter?
Trotz ständiger Instandhaltungsmaßnahmen durch die Kirchengemeinde wies das seit 1958 unter Denkmalschutz stehende Gebäude erhebliche Schäden auf, zuletzt verursacht durch die Kriegshandlungen 1945 und das verheerende Hochwasser 1947, bei dem das Wasser 2 m über dem Fußboden stand und den Lehm aus den Ausfachungen spülte.
Der weggesackte Turm wurde 1987/88 wieder gehoben und instand gesetzt. Die Grundsanierung des Schul- und Bethauses sollte folgen, die Wende 1989/90 stoppte die Vorgänge – es fehlte das Geld um die revidierte Planung umzusetzen.
Doch 1996 wendete sich das Blatt : Der Förderverein konnte die großzügige Förderung der Hermann-Reemtsma-Stiftung, Hamburg gewinnen. Dadurch war es möglich, auch Mittel der Dorferneuerung und des Bundes sowie des Landes Brandenburg innerhalb des Programmes zur Sanierung von denkmalgeschützten Gebäuden “Dach und Fach” in Anspruch zu nehmen. Noch im gleichen Jahr wurde mit den Arbeiten begonnen und nach vorläufigem Abschluss wurde am 27. 9. 1997 die Wiedereinweihung des Hauses mit einem Festgottesdienst und einer Ausstellung zur Baugeschichte begangen. Inzwischen sind alle Arbeiten in und um das Haus beendet und die restaurierte Orgel ist am 10.5.1998 geweiht worden.
Die sanitären Einrichtungen konnten in einem Nebengebäude untergebracht werden. Die ehemalige Lehrerwohnung wird durch den Förderverein und die Kirchengemeinde genutzt.